Empfehlungen der II. Konferenz Integrations- und Asylpolitik in Sachsen/ Teil 2

Veröffentlicht auf von sächsischer Migrantenbeirat

Forum III:
Asyl

 

Resümee und Forderungen:

Dringend erforderlich ist ein Richtungswechsel in der Asylpolitik des Freistaates Sachsen.  Abweichende Praktiken in anderen Bundesländern belegen, dass weniger restriktive Aufnahme- und Versorgungsbedingungen unter der gegenwärtigen Gesetzeslage rechtlich möglich sind. Behauptungen, damit würde dem Asylmissbrauch Vorschub geleistet und die öffentliche Hand stärker belastet werden, ignorieren die tatsächliche Situation. Pauschalvorwürfe gegen Asylsuchende bestärken die rechtsextreme Szene in ihrer Argumentation und die Bevölkerung in ihren irrealen Ängsten vor Zuwanderung. Wir brauchen in Sachsen eine Asylpolitik, die auch Asylbewerber und Geduldete als kompetente Mitmenschen wahrnimmt und respektiert. Sachsen kann und soll sich angesichts eines Ausländeranteils von nur rd. 3% mehr Zuwanderung und bessere Aufnahmebedingungen leisten können.

 

Empfehlungen im Bereich Asylpolitik:

 

1.       die Integrationsfähigkeit von Asylbewerbern und Geduldeten zu erhalten und zu fördern.
Geeignete Maßnahmen dafür sind:

a)       die dezentrale Unterbringung Asylsuchender und Geduldeter spätestens ein Jahr nach der Einreise

b)       die Bargeld- statt Sachleistungsversorgung im Interesse der öffentlichen Hand und der Leistungsempfänger

c)        die Ausweitung der Residenzpflicht auf den Freistaat Sachsen, um den Behördenaufwand zu senken, örtlichen Gegebenheiten des Flächenstaates Rechnung zu tragen sowie Asylbewerber und Geduldeten überregional die Pflege sozialer Kontakte zu ermöglichen

d)       eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung (Zugang und Umfang), die nicht von der Mitwirkung der Betreffenden an behördlichen Maßnahmen abhängig sein darf

e)       der Zugang zu Sprachkursen, da Deutschkenntnisse nicht nur den Asylbewerbern und Geduldeten zugute kommen, sondern auch konfliktpräventiv sinnvoll für die Aufnahmegesellschaft sind

f)         der Zugang zu Arbeit und Ausbildungsplätzen, die die Integrationsfähigkeit erhalten und die Chancen zur Reintegration in den Herkunftsländern verbessern

 

2.       Die Förderung des Kindeswohls durch:

a)       Kita-Plätze für alle Kinder von Asylsuchenden und Geduldeten, um ihnen gleiche Bildungschancen wie
allen Gleichaltrigen zu sichern (Spracherwerb)

b)     die Gewährung sozialer, medizinischer u.a. Leistungen für minderjährige Kinder  von Asylsuchenden und Geduldeten an die Leistungen für ihre deutschen Altersgefährten anpassen

 

3.   Bleiberecht statt Kettenduldungen

 

a)       Wahrnehmung der gesetzlichen Möglichkeit zum Erlass von Bleiberechtsregelungen durch das Sächsische Innenministerium für einzelne Länder- oder ethnische Gruppen - gegenwärtig relevant für Ausreisepflichtige aus Afghanistan, dem Irak und für Roma aus dem Kosovo

b)       humanitäres Bleiberecht nach § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG für Einzelpersonen analog den Regelungen in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern

c)       Aufforderung an die Amtsärzte, sich nicht im Konflikt mit ihrem ärztlichen Berufsethos für die Durchsetzung behördlicher Maßnahmen missbrauchen zu lassen

 

4.   Gemeinwesen / Antidiskriminierung

 

a)   Verabschiedung eines Sächsischen Antidiskriminierungsgesetzes bzw. entsprechender Richtlinien, unabhängig vom noch immer fehlenden bundesdeutschen Anti-diskriminierungsgesetz

b)       verstärkte Öffentlichkeitsarbeit in Sachsen zur Überwindung und Prävention rassistischer und fremdenfeindlicher Vorurteile durch:

-    mehr Transparenz der sächsischen Asylpolitk auf der Ebene der Parlamente, der Ministerien und unteren Behörden

-    Zugang der Bevölkerung zu aktuelleren und detaillierteren Statistiken zum Thema Asyl (z.B. durch die Statistischen Landesämter)

-    Verzicht aller demokratischen Parteien (auf Kommunal- und Landesebene) auf den Missbrauch des Themas Asyl für politische Kampagnen

c)       interkulturelle Öffnung der Regeldienste in Sachsen nicht der einzelnen Behörde/ Institution/ medizinischen Einrichtung etc. überlassen, sondern als Querschnittsaufgabe verbindlich definieren und festlegen

d)      Ausbau und Förderung des Netzes haupt- und ehrenamtlicher Flüchtlingssozialarbeit und der professionellen Beratungsstellen für Asylsuchende und Geduldete

e)      Förderung sachlicher Informationen zum Thema Asyl in sächsischen Schulen, Gymnasien, Berufsschulen u.a. Bildungsträgern

 

5.   Die Aufforderung an haupt- und ehrenamtlich Engagierte

a)       Ausbau und weitere Vernetzung der zielgerichteten Arbeit mit Multiplikatoren (wie PädagogInnen, Schülerräten, Schulämtern, Hochschulen, Künstlern, u.a. ) z.B. durch altersgerechte Infokampagnen, gemeinsame Projekte u.a. Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen

b)       verstärkte Aktivitäten zur Gewinnung, Qualifizierung und Einbindung von Ehrenamtlichen für unsere Arbeit und die besondere Förderung von beruflichem Nachwuchs für die Flüchtlingssozialarbeit

c)       gezielte Förderung von Flüchtlingsselbstvertretung als ein-zelne Aktionen oder kontinuierli-chere Arbeit in Gruppen und Vereinen

 

Konkrete Maßnahmen als Vorschläge an die Konferenz sind:

 

1.     eine Info-Kampagne für SchülerInnen und BerufsschülerInnen in Sachsen als Antwort auf die Aktivitäten der NPD unter Kindern und Jugendlichen

2.     sachsenweit Theaterprojekte in Anlehnung an das Dresdner Staatsschauspiel anregen, fördern und vernetzen

3.     ein Brief von Flüchtlingen an die Bundeskanzlerin

 

Forum IV:
politische Partizipation

 

Grundsätzliches: Das Prinzip der demokratischen Gesellschaft verlangt:

 

-          politische Rechte für alle Mitglieder des Gemeinwesens

-          die Einbeziehung sachkundiger Bürger (auch mit Migrationshintergrund), um die Qualität und Legitimation politischer Entscheidungen zu steigern

-          die gleichberechtigte Mitwirkung als Zeichen der Zugehörigkeit zum Gemeinwesen (Integration! Subjekt statt Objekt von Politik!)

 

Empfehlungen im Bereich politische Partizipation:

 

1.   ein Wahlrecht für Ausländer

2.   die Verankerung von kommunalen Ausländerbeiräten in der Sächsischen Gemeindeordnung

3.  ein landesweiter Ausländerbeirat

4.  die Erweiterung der Zuständigkeit  / Befugnisse  der Ausländerbeiräte durch Aufwertung zu Ausschüssen

5.  Initiativen der Sächsischen Staatsregierung und des Sächsischen Landtages zur Stärkung politischer Mitwirkungsrechte in Bundesgesetzen

6.         die stärkere  Berücksichtigung der Interessen und Aktivitäten der Migranten in den Medien

7.   die Entbürokratisierung des  Einbürgerungsverlaufs

 

Formen politischer Partizipation sind:

-          die Teilnahme an Wahlen, Mitwirkung und Gründung von Parteien und Initiativen

-          die Teilnahme und Mitwirkung in Institutionen der Zivilgesellschaft, wie Vereine, Gewerkschaften, Kirchen, Initiativen, eigene Vereine und Initiativen

-          das offensivere Werben von eigenen Anliegen, von Akzeptanz und Unterstützung in der Gesellschaft

-          die Gewinnung von Partnern und die Schaffung sowie Nutzung von Netzwerken

-          das Stellen von Forderungen an politisch Verantwortliche (Kommunalwahl! Landtagswahl!) und das Zeigen von Bereitschaft zur Mitarbeit und Beratung

-         die Förderung der Selbstvertretung von Migranten

 

 

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